faust reloaded – tt2018

Ein paar Nach(t)gedanken zur Eröffnung des Berliner Theatertreffens 2018 mit der wiederauferstandenen Faust-Inszenierung von Frank Castorf.

Vor etwa 14 Monaten hatte an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz eine » Faust-Inszenierung Premiere, mit der der langjährige Intendant Frank Castorf noch einmal ein wahres Feuerwerk seiner Theaterkunst abbrannte, großartige Schauspieler auf der Bühne versammelte und das Publikum zum Jubeln brachte.  Böse Zungen könnten behaupten, ein Teil der damaligen Begeisterung wäre dem Umstand zuzuschreiben, dass es die letzten Monate von Castorfs Volksbühne waren, in denen ein wahrer Ausnahmezustand herrschte.

Als aber im Februar 2018 die Theatertreffen-Jury die zehn bemerkenswertesten Stücke des vergangenen Jahres benannte, war dieser Volksbühnen-Faust dabei. Mein erster Gedanke war, den würde man doch gar nicht mehr zeigen können. Aber da hatte wohl jemand rechtzeitig eine Vorahnung gehabt. Wie man hört, wurden die Kulissen eingelagert, und es ist nun tatsächlich gelungen, das Faust-Bühnenbild auf der Bühne des Hauses der Berliner Festspiele auferstehen zu lassen und die Schauspieler noch einmal zu versammeln.

Nach einer Voraufführung am 1. Mai gab es am vergangenen Freitag die offizielle Eröffnung des Theatertreffens mit Castorfs Faust. Einige einleitende Worte sprach der Intendant der Berliner Festspiele, Thomas Oberender. Er erwähnte die Schwierigkeiten und den Aufwand, den es gekostet habe, um die Inszenierung nun auf diese Bühne zu bringen. Ob es weniger Aufwand gebraucht hätte, die Inszenierung am alten Ort am Rosa-Luxemburg-Platz zu zeigen, ob es diese Idee überhaupt gab, ist mir nicht bekannt. Es hätte irgendwie nicht gepasst.

Die Castorf-Ära der Volksbühne ist seit Juli 2017 vorbei. Eine Rückkehr an das Haus, das momentan ohne Intendanten, ohne Ensemble, ohne wirkliches Repertoire einer ungewissen Zukunft entgegensieht, hätte die Freude über das Wiedersehen mit Faust wohl etwas getrübt. Thomas Oberender erinnerte auch an Bert Neumann, der die Volksbühne an der Seite Castorfs prägend mitgestaltete, leider aber im Sommer 2015 viel zu früh verstarb. Oberender ruft jenes Bild von Neumann in Erinnerung, auf dem dieser mit einem Sweatshirt mit dem Schriftzug „Don’t look back“ zu sehen ist. Diesem Ratschlag folgend soll die Auferstehung Fausts beim Theatertreffen kein Anlass für Nostalgie werden.

Was nach diesen Worten folgt, ist Theatergeschichte – knappe sieben Stunden Faust, nicht nur von Goethe, am Ende minutenlange stehende Ovationen. Weit nach Mitternacht dann im Foyer des Hauses der Berliner Festspiele die Verleihung der Urkunde. Castorf spricht noch einmal davon, dass eine Besonderheit des Theaters darin bestehe, dass es vergänglich sei. Inszenierungen entstehen und vergehen. Er habe mit Marc Hosemann in Hamburg gesessen (wo Castorf O’Neills „Haarigen Affen“ inszeniert hat), als ihn die Nachricht von der Einladung erreichte. Man habe überlegt, ob man den Faust noch einmal zeigen wolle und könne. Zum Glück fiel die Entscheidung positiv aus.

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