lübbe treibt die sau aus dem dorf

Wegen einer 20minütigen Szene, in der ein Schwein auf der Bühne zerlegt wird, ist die Aufführung der Monster Truck Koproduktion » Welcome to Germany in der Residenz des Schauspiels Leipzig durch Intendanten in letzter Minute untersagt worden.

Laut Äußerungen gegenüber der » Leipziger Volkszeitung und » nachtkritik.de hat Lübbe die betreffende Stelle wohl erst in der Generalprobe zu Gesicht bekommen und die Premiere zunächst verschoben. Nachdem Germany ohne Schwein für die Künstler nicht infrage kam, wurde die Premiere heute endgültig abgesagt.

Die Monster Trucker, die die Szene als zurückgenommen und still beschreiben und ihrer Aussage nach das Schwein extra präpariert haben, um einen „eventuellen Ekeleffekt“ zu vermeiden, sind enttäuscht über die Haltung des Schauspiels und das Fehlen jeglicher künstlerichen Auseinandersetzung.

Welcome to Germany / Monster Truck
Welcome to Germany / Monster Truck

Klingt jetzt nicht unbedingt nach Blutbad und Schlachthof-Harakiri. Lübbe, so wird übermittelt, hält die Bildsprache für schwierig, „was genau (…) erzählt werden sollte, hätte sich ihm ‚inhaltlich nicht erschlossen'“, so nachtkritik.de weiter. Nun, wenn das das Kriterium für eine Vorzensur sein soll … In seiner eigenen Inszenierung von Elfriede Jelineks Rechnitz (Der Würgeengel) werden in einer gefühlt längeren Szene gebratene Hähnchen – oder wie der Ossi sagt: Broiler – mehr oder weniger fachmännisch zerlegt und verspeist. Ist am Ende also gar der Garzustand des Tieres ausschlaggebend?

Man kann nicht Speck haben und das Schwein behalten.

Man mag dem Haus nicht vorauseilenden Gehorsam unterstellen und fühlt sich doch unangenehm an die hektischen Querelen, Verbote und Dementis der Stadt um » Hermann Nitschs Mysterienspiel 2013 erinnert. Gerade das Residenz-Programm sollte Künstler(gruppen) die Arbeit an neuen Fragestellungen und theatralen Formen ermöglichen, ein Schutzraum sein für Experimente, fürs Ausprobieren und damit auch für das Scheitern. Diesem Anspruch wird die Spielstätte mit ihren Artists-in-Residence Programmen bislang eher selten gerecht.

Um sich selbst ein Bild davon zu machen (Es soll sogar in Leipzig Zuschauer geben, die darauf Wert legen), welches inhaltliche und künstlerische Potential Welcome to Germany gehabt hätte, muss der Leipziger nun nach Berlin reisen. Dort hat die Produktion am 7. Mai in den Sophiensaelen Premiere.

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