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kommen’s, hier zieht es so grausam

Jürgen Kruse ist zurück und inszeniert in der Kammer des Deutschen Theaters einen Totentanz nach der Sperrstunde – irgendwo zwischen vorletztem und letztem Ort und mit allem Horvathschen Kleine-Menschen-Elend. Bsiweilen gerät das ein wenig zu unentschlossen und routiniert, in den besten Szenen aber ist es von theatermagischer Kraft. In der Mitte des düsteren Reigens dreht sich Linda Pöppels trotz besseren Wissens liebende, glaubende und hoffende und dabei ganz und gar betörende Elisabeth.

wenn nur die menschen besser wärn – kühnel und kuttner mit heiner müller am dt

Liest oder hört man heute Interviews von Heiner Müller aus den 90er Jahren, so ist man verblüfft, weil seine Worte oft aktuell oder sogar prophetisch sind. Welche Wirkung können hingegen Müllers frühe Werke heute noch entfalten? Vielleicht hat man sich diese Frage am Deutschen Theater in Berlin gestellt und deshalb das Regieduo Tom Kühnel und Jürgen Kuttner mit der Inszenierung von Müllers „Umsiedlerin“ beauftragt.

halt den mund, gott! hartmann mit lear und lotz am deutschen theater

Die Bühne des Deutschen Theaters ist in ein alles gleichmachendes, die Konturen weichzeichnendes Weiß getaucht. In der Mitte steht, wie die sprichwörtliche, quichot’sche Mühle ein übergroßes Windrad. Allein, die Flügel, die hier aus Leuchtröhren bestehen, drehen sich nicht einmal mehr. Der Kampf ist verloren, bevor er überhaupt anfängt und Lears Königreich ein Geisterreich der Untoten. Oder zumindest die Palliativstation der alten Herrscher.

nüscht und alles und alles und nüscht – sebi hartmanns revisor am schauspiel frankfurt

Irgendwie staunt man ja jedesmal aufs Neue, wie der Hartmann es schafft, sich mit einer Überdosis des schönsten Klamauks inklusive selbstreferentieller Ironisierung dem Geschichten-Erzählen konsequent zu verweigern, um dann trotzalledem oder genaudeswegen mitten in des Stückes Kern punktzulanden und damit auch noch so manchen wunden Punkt zu treffen. So auch am letzten Samstag am Schauspiel Frankfurt.

im herzen die finsternis – sebastian hartmanns „dämonen“ in frankfurt

Vorab gesteht der Rezensent, Dostojewskis Dämonen, die Sebastian Hartmann am Freitag am Schauspiel Frankfurt inszenierte, nicht gelesen zu haben. Was bildungslückenhaft gewagt klingt, erweist sich als Vorteil: Es entfällt die Suche nach Orientierung in der Romanvorlage, die der Regisseur bewusst verwehrt. Dafür begeben sich Hartmann und Ensemble ganz tief hinein in die menschliche Seele. Und dort funkelt es fiebrig und düster.