#schöne neue spielzeit I: zu hause

Noch gut vier Wochen bis zum Spielzeitstart in Leipzig - zumindest bis zum Vorglühen. Und draußen schaut's schon aus wie November. Fürs Wochenende ist Besserung versprochen, nutzen wir also den #summerbreak und gucken, was auf den Leipziger Schauspielhausbühnen ab September los ist. Starring: ein Motto, ein Fest, eine Neue, Glasmusik auf dem Rummelplatz und - so denn alles läuft, wie geplant (toitoitoi) - eine ganz frische Spielstätte ...

… ist die neue Spielzeit am Schauspiel Leipzig überschrieben. Ein Motto, das – wie das Spielzeitmotti (bester Plural ;) häufig an sich haben – wunderbar für alles und nix stehen kann. Aber durchaus auch Fragen aufwirft wie: Heißt es nicht eigentlich Geld oder Liebe? Muss ich mich da jetzt entscheiden? Sind das tatsächlich die ‚vielleicht größtmöglichen Gegensätze‘? Und warum steht die Angst vorn? Egal, einigen wir uns auf Zur Liebe gehört Mut und trommeln erstmal fürs Theaterfest, bevor es mit Kasimir und Karoline auf den Rummelplatz geht.

Theaterfest Himmel und Hölle © Rolf Arnold
Theaterfest Himmel und Hölle © Rolf Arnold

Action von der Hölle in den Himmel und zurück und vom Keller bis unters Dach verspricht das Theaterfest am 1. September. Wir zitieren mal aus der Ankündigung: Spielzeit-Medley-ReEnactment, Ensemble-lookalike-Warm-ups, Kitsch & Krempel, Dancing on Bose-Street, ElektroTrashPopPunkRaveKram … wisst ihr Bescheid. Außerdem gehen Denis Petkovic & Philipp Rohmer NDW und es wird öffentlich geprobt. Los geht’s um 19 Uhr, das Ende ist offen und der Eintritt frei.

Marie Rathscheck © Rolf Arnold
Marie Rathscheck © Rolf Arnold

Neue Spielzeit, neues Gesicht: » Marie Rathscheck kommt frisch von der Busch ins Ensemble. Die Deutsch-Französin wurde 1990 in Stuttgart geboren und hat schon während des Studiums an der Volksbühne gespielt (in LEAR), für Film und Fernsehen gearbeitet und nicht nur Schauspiel, sondern auch Szenisches Schreiben studiert. Zum ersten Mal in Leipzig wird die 27-Jährige in Enrico Lübbes Spielzeiteröffnungsinszenierung auf der Bühne stehen.

Und das ist: » Kasimir und Karoline. Horvaths Volksstück hatte – wenn auch als Vorab-Gastspiel der Berliner Bühnen – in Leipzig am 18. November 1932 seine Uraufführung. Durchaus mit Erfolg, glaubt man Kritiker Alfred Kerr, der lachende, brüllende, seelisch gefesselte Zuschauer vorfand.  85 Jahre später eröffnet es am 16. September die Spielzeit auf der großen Bühne (und yes: es steht auch am Uraufführungsjahrestag auf dem Programm.) Es inzeniert der Intendant (sein 5. Horvath und wohl schon lange ein Wunsch). Es spielen u.a. Daniela Keckeis und Wenzel Banneyer, Anne Cathrin Buhtz, Roman Kanonik, Andreas Keller und Felix Axel Preißler. Besonders wird sicherlich die Musik an diesem Abend: Philipp Maguerre begleitet das Bühnengeschehen mit Glasmusik auf dem Verrophon und das hat einen sehr speziellen Klang.

Nach der ersten Premiere wird es auch schon wieder seltsam still auf der Großen Bühne. Vor Jahresende gibt es hier nur noch den Weihnachts-Wolkow … ähm … das Weihnachtsmärchen: Nach dem Zauberer der Smaragdenstadt und Urfin inszeniert Stefan Beer heuer » Der gelbe Nebel. Premiere ist am 5. November. Insgesamt kommen in der Hauptspielstätte in dieser Saison nur sieben Produktionen heraus und das inklusive Märchen, einer Gob Squad Performance und einem Tanzabend.

Ab 1. Oktober bespielen Copy&Waste mit dem zweiten Teil von » Ceci n’est pas un HYPE! das ganze Haus. In der letzten Spielzeit nahm das Berliner Theater-Kollektiv um Jörg Albrecht und Steffen Klewar die Zuschauer mit auf einen Audioparcour in den Leipziger Osten, mit Gewonnene Illusionen wird nun das Schauspielhaus selbst zur Miniaturversion der Stadt und Zuschauer und Ensemble zur Bürgerschaft.

Jetzt wird noch schwer gearbeitet  – die LVZ war im Juni auf » Baustellenbesuch –  Mitte November soll die Diskothek in der ehemaligen Diskothek als funkelnagelneue, moderne und wandelbare Zweitspielstätte mit Platz für 199 Zuschauer eröffnet werden. Auch diese Eröffnung besorgt Enrico Lübbe. Er inszeniert Elfriede Jelineks Wolken.Heim – eine Collage über die Frage der Identität(en) und nach Rechnitz und den Schutzbefohlenen Lübbes dritter Jelinek-Abend in Leipzig.

Im November folgt dann » Mein Hohlraum – ein Auftragswerk des Schauspiels an Sascha Hargesheimer, das nicht wie ursprünglich angekündigt in der Regie von Claudia Bauer herauskommen, sondern von Mirja Biel inszeniert wird. Claudia Bauer hingegen wird Ende Januar Alred Jarrys Groteske Ubu Roi/König Ubu auf die große Bühne bringen. Im Dezember gibt es die deutschsprachige Erstaufführung von » Prinzessin Hamlet. Die finnische Theaterautorin und Dramaturgin E. L. Karhu versucht hier eine radikal weibliche, dabei aber nicht minder wahnsinnige Hamlet-Überschreibung. Regie führt – erstmalig in Leipzig – Lucia Bihler.

© Rolf Arnold
In der letzten Spielzeit inszenierte Mirja Biel die hockenden © Rolf Arnold

Bliebe noch zu erwähnen, dass wir, um eine Inszenierung des Hausregisseurs Philipp Preuss zu sehen, entweder verreisen (z.B. nach Mülheim an der Ruhr zu König Ubu # Am Königsweg nach Jarry und Jelinek / Premiere am 18. November) oder bis kurz vor Silvester auf die Wiederaufnahme von Peer Gynt (28. Dezember) warten müssen. Auf einen neuen Leipziger Preuss sogar bis Ende März. Eine echte Durststrecke …

Die » Residenz  wird in dieser Saison erstmals vollständig von Thomas Frank kuratiert. Der hat an der Programmausrichtung gefeilt und setzt auf mehr Dialog und künstlerische Flexibilität. Die Artists in Residence 2017/18 werden sein: Ivana Müller, die Berliner Digital-Arts-Gruppe doppellucky productions, Doris Uhlich (die mit Menschen mit physischen Behinderungen arbeiten wird), She She Pop, Hermann Heisig und Julian Hetzel. Alle Residenten stellen sich bei der zweitägigen House Warming Party am 13. und 14. Oktober in einem geballten Programm vor.

So long. Ob der Sommer wiederkommt, ist zweifelhaft, der Theaterherbst kommt bestimmt. Nächste Woche gucken wir dann über den Tellerand und regen zu ein paar Auswärtsspielen an. Stay tuned.

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