Die neue Spielzeit am Schauspiel Leipzig

auf die plätze, fertig … FAUST!

Zum Glück hat der Sommer dankenswert lange durchgehalten, so dass wir nur ein klein wenig neidisch zu den Eröffnungspremieren nach Hannover, Halle, Potsdam, Berlin geschielt haben. Aber nun hat die Durststrecke namens Sommerpause auch hier ein Ende - am kommenden Sonnabend ist Spielzeiteröffnung mit FAUST am Schauspiel Leipzig.

Ein bisschen gespielt wurde schon: Sommertheater, der Ballettabend Toot, die erste Production in Residence in der Residenz (» Powerhouse by Planningtorock, Berlin), aber der traditionelle „Aufgalopp“für die neue Saison ist natürlich die erste Premiere auf der großen Bühne.

Offene Probe FAUST I © Rolf Arnold
Offene Probe FAUST I © Rolf Arnold

FAUST I+II | 29. September 2018

Und die haut in diesem Jahr ordentlich rein: » Faust I+II als Doppelschlag auf der Schauspielhausbühne und in der Stadt. Kommt uns bekannt vor, wird aber ganz anders. Denn zum Glück ist kein – wie anno 1999 unter Wolfgang Engel – kabarettig-touristisches, von der Kritik nicht ganz zu Unrecht geschmähtes Spektakel in Auerbachs Keller und auf dem Johannisfriedhof geplant, sondern folgendes: Enrico Lübbe himself inszeniert der Tragödie Ersten Teil.  Das sieht – so viel sei nach der offenen Probe schon verraten – atmosphärisch ziemlich spektakulär aus. Wenzel Banneyer ist Faust und Julia Preuss sein Gretchen. Außerdem spielen Thomas Braungardt, Denis Petković, Bettina Schmidt, Alina Heipe, Andreas Dyszewski, Tilo Krügel und das ganze neue Schauspielstudio. Dichterfürst Goethe selbst tritt – verdreifacht – in Erscheinung, daneben ein großer Chor, viel Licht, noch mehr Schatten und … ein Elefant.

Zur Tragödie zweitem Teil geht es auf drei Touren hinaus in die Stadt: zum faust’schen Thema Geld in die Alte Handelsbörse, in Sachen Schöpfung ins Theatrum Anatomicum in der Uniklinik und mit Umsiedlern in die Katakomben des Völkerschlachtdenkmals. Die eher perfomativ angelegten Touren werden in der Hauptsache vom Nachwuchs, heißt von drei Regieassistenten des Schauspiels, künstlerisch verantwortet und organisiert. Und die sind, wie man hört, mit viel frischer Energie, Herzblut und kreativen Ideen am Werke. Wir sind gespannt!

Ja, ist denn schon …?

Als zweite Premiere der jungen Spielzeit folgt dann schon zwei Wochen später auf der großen Bühne die Weihnachtsproduktion. Das Wolkow-erprobte Team um Stephan Beer wandelt in diesem Jahr aber nicht auf dem gelben Backsteinweg durchs Zauberland, sondern widmet sich Hans Christian Andersens zauberhaften Kunstmärchen » Die Nachtigall. Es spielen Andreas Herrmann, Marie Rathscheck, Florian Steffens und – als Nachtigall – die Sopranistin Lisa Ströckens. Haben wir mal gegoogelt, Frau Ströckens macht mit ihrem Duo Loulou ziemlich verrücktes Musiktheater zwischen Bach und Björk. Klingt juut:

Nach der Premiere gibt es die nächste Vorstellung erst am 4. November, ab Ende November läuft das Stück bis Weihnachten in mehr als 30 Vor- und Nachmittagsvorstellungen.

Thomas Melles Ännie in der Diskothek

Erste Premiere in der Diskothek ist Thomas Melles » Ännie am 19. Oktober. Thomas Melle, der auch als Prosaautor bekannt ist und dessen Roman Die Welt im Rücken 2016 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis stand, schrieb Ännie fürs Bremer Theater und umkreist darin die Leerstelle, die das Verschwinden eines jungen Mädchens in ihrer Heimatstadt hinterlässt. Yves Hinrichs inszeniert – wie schon in Tschick erprobt – mit Mitgliedern des Ensembles (Andreas Keller, Michael Pempelforth, Annett Sawallisch und als Gast Charlotte Puder) und des Schauspieljugendclubs Sorry, eh (Franz Viktor Blumstock, Albrecht Klinger, Nele Christoph, Mia Müller und Benjamin Viziotis). Am 10. Oktober lädt das Team zu einer öffentlichen Probe. Los geht’s um 18 Uhr, der Eintritt ist frei.

Andreas Keller und Alina Heipe in "Sechs Personen suchen einen Autor" © Rolf Arnold
Andreas Keller und Alina Heipe in „Sechs Personen suchen einen Autor“ © Rolf Arnold

Die Puppen tanzen zum Jahreswechsel

Während in der Residenz bis Jahresende noch drei Gruppen – Julian Hetzel (Utrecht), Barokthegreat (Verona) und John Moran (Dresden) – ihre neuen Produktionen präsentieren, müssen wir uns im Schauspielhaus bis ebenda gedulden. Langes Atemholen nach der Faust-Anstrengung des ganzen Hauses? Erst am 31. Dezember steigt die nächste Premiere. Moritz Sostmann, der in der letzten Saison einen beachtlichen Schau- und Puppenspieler-Abend (Sechs Personen suchen einen Autor) auf die Hinterbühne brachte, inszeniert – natürlich wieder mit Puppen und, noch interessanter, unter Umkehrung der Geschlechterverhältnisse Shakespeares » Der Widerspenstigen Zähmung. Klingt spannend, finden wir, wenn auch vielleicht nicht für 120 € zur Silvester-Show, sondern zu einer der Vorstellungen im Januar. Es spielen Felix Axel Preißler, Andreas Dyszewski, Ron Helbig (Studio), Alina-Katharin Heipe, Bettina Schmidt  und Anne Cathrin Buhtz.

Apropos gedulden…

… das muss sich der theatersüchtige Zuschauer heuer auch bei den Wiederaufnahmen. Wer etwa – wie wir – » Angst essen Seele auf auf in der letzten Spielzeit noch nicht gesehen hat, hat erst am 3. November die erste Gelegenheit. Philipp Preuss‘ » Gespenster oder Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken wird am 31. Oktober wiederaufgenommen, » König Ubu/Ubus Prozess Ende November und » Der Gott des Gemetzels nach derzeitigem Stand gar erst Ende Januar 2019. In der Diskothek sieht es ähnlich aus. Hier läuft zum Beispiel Thomas Köcks Dystopie » paradies fluten (verirrte sinfonie) am 24. Oktober wieder an, » Wolfserwartungsland in der Regie von Gordon Kämmerer am 31. Oktober und Enrico Lübbes » Wolken.Heim Ende November.

2019 – Petras, Bauer, Preuss und neue Stücke

Ein kurzer Blick in die zweite Spielzeithälfte: Da freuen wir uns auf Armin Petras, der auf der großen Bühne Falladas Jeder stirbt für sich allein und die Geschichte der Leipziger Meuten verknüpft. Zu diesen Jugendcliquen, die sich in den 1930er Jahren mehr oder weniger offen gegen HJ und Nazitum wandten, gibt es am 4. November im » UT Connewitz eine interessante Veranstaltung.

2019 kommen auch die neuen Arbeiten der beiden Hausregisseure: Claudia Bauer – die gerade am Theater Basel zusammen mit Peter Licht fröhlich einen Molière zerpflückt hat – bringt Anfang April Tennessee Williams Süßer Vogel Jugend auf die Bühne und Philipp Preuss ist gleich zweimal am Start: Ende Januar mit einer Uraufführung – ein neues Stück von Thomas Köck (paradies.fluten), das im Auftrag des Schauspiel Leipzig entsteht – in der Diskothek und im April mit Prinz Friedrich von Homburg auf der großen Bühne. Außerdem erwarten uns 2019 eine neuer Wolfram Höll und ein neuer Text von Bernd Studlar (Die Ermüdeten) – letzterer in der Regie von Gordon Kämmerer. Last but not least kommt Mitte Juni 2019 das David-Bowie-Musical Lazarus heraus.

Studio © Rolf Arnold
V.l.n.r.: Friedrich Steinlein, Julian Kluge, Nina Wolf, Paul Trempnau, Nicole Widera, Ron Helbig, Philipp Staschull und Tobias Amoriello © Rolf Arnold

Und ganz last aber so gar nicht least haben wir in diesem Herbst ein wunderbares neues Schauspielstudio. Wir durften den aktuellen Jahrgang » an der Schauspielschule zu besuchen, haben die Studenten schon in diversen Vorspielen bewundert und das diesjährige HMT-Sommertheater (» Die Nibelungen) mehr als genossen. Großes Kino! Die zwei Damen und sechs Herren geben ihren Einstand gleich mal im FAUST und stellen sich mit einem ersten Szenenvorspiel (22. und 29. Oktober) und einem Late-Night-Studioabend(26. Oktober) in der Diskothek vor. A very warm welcome to you all!

Und natürlich allen Faust-Menschen vor und hinter der Bühne ein fettes Toitoitoi und euch und uns eine feine neue Spielzeit! Wir sehen uns.

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