Das reihesiebenmitte-Fotoalbum | Andreas Keller

wilde pferde, gebrochene rippen und eine große theater(liebe)

Andreas Keller? Der ist doch schon immer hier! Allein in Leipzig spielt er schon so lange Theater, dass es scheint, er wäre schon immer da gewesen. Unter drei Intendanten hat er gespielt, zwei hat er gehen sehen. In Leipzig hat er auch studiert und war hernach u.a. in Altenburg, Magdeburg, Schwerin, Bremen, Essen und bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen engagiert. In diesem Jahr wird Andreas Keller mit dem THEATERPREIS DES FREUNDESKREISES Schauspiel Leipzig ausgezeichnet.

Deshalb haben wir den Schauspieler getroffen und ihn gebeten, ein paar Fotos aus seinem langen Theaterleben mitzubringen. Hat er gemacht: Auf dem Kantinentisch stapelten sich viele, viele Bilder und noch mehr Geschichten – unser Fotoalbum:


Im Weissen Rössl in der Leipziger MukoIm Weissen Rössl in der Leipziger Muko

Das bin ich mit zwölf Jahren. Da hab ich den Piccolo im „Weißen Rössl“ gespielt, hier, in der Musikalischen Komödie. Ich war in der Spieltruppe von Werner Hahn, da war ich in der 4. Klasse. Und da kam der Anruf: „Die suchen einen Kinderdarsteller für den Piccolo im „Weißen Rössl“ – Hast du nicht Lust?“. Ich bin dann dahin und der Regisseur hat mir einen österreichischen Satz gesagt, den ich nicht verstanden hab. War ja das Weiße Rössl … Das konnte ich überhaupt nicht! Ich hab’s trotzdem gemacht und dann hab ich das gespielt. So kam ich zum Theater.


Andreas (Mitte) mit Werner Stiefel und Bernd Stübner (rechts)
Andreas (Mitte) mit Werner Stiefel und Bernd Stübner (rechts)

Bernd Stübner. Mein Lieblingsdozent an der Schauspielschule! Ich war im 2. Studienjahr, 1980 muss das gewesen sein. Das links im Bild ist Werner Stiefel, der war sein Freund. Bernd Stübner hat mich immer eingeladen und ich hab die beiden besucht, in ihrer Hütte in Mecklenburg.


In "Die Schneekönigin" am Theater Magdeburg, 1987
In „Die Schneekönigin“ am Theater Magdeburg, 1987

Am Theater Magdeburg war ich mal der Märchenerzähler in „Die Schneekönigin“. „Den Prolog, den prob ich nicht“, hab ich gesagt, „den mache ich mit den Kindern“. Und das habe ich dann auch. Ich fang also so an auf der Bühne „Kinder, ich hab so einen Hunger, hat nicht jemand von euch etwas zu essen dabei?“ Und dann fingen die tatsächlich an, Bonbons auf die Bühne zu werfen! Und hörten nicht wieder auf. Die Kinder im Rang haben natürlich gar nicht erst bis auf die Bühne getroffen, sondern die ersten Reihen im Parkett erwischt …
So viel zu Improvisation – Haben wir damals schon gemacht.


Der nackte Wahnsinn am Theater Magdeburg, 1987
Sportlich als Garry in „Der nackte Wahnsinn“ am Theater Magdeburg, 1987
Und als Selsdon in Leipzig © Rolf Arnold
Und knapp 30 Jahre später als Selsdon in Leipzig © Rolf Arnold

Das ist ein Foto aus „Der nackte Wahnsinn“. 1987/88 muss das gewesen sein, am Theater in Magdeburg. Das ist meine Art, die Kontaktlinsen zu suchen, ohne mit den Füßen auf den Boden zu kommen. Ich habe da den Garry gespielt. Und jetzt (in der aktuellen Inszenierung von Enrico Lübbe, Anm.d.R.) bin ich der Selsdon – vom jugendlichen Helden direkt zum alten Mann, sozusagen.


Saxophon un Stepptanz: Die Börde Brothers
Saxophon un Stepptanz: Die Börde Brothers

Das sind die „Börde Brothers“. Wir hatten in Magdeburg das Stück „Chips with Everything“, da haben wir in der Pause englische Skifflemusik gemacht. Ich hab gesteppt und Saxophon gespielt. Und dann kamen wir darauf, daraus eine eigene Nummer zu machen und weiter zu spielen. „Börde Brothers“ hießen wir, das konnte niemand aussprechen im Osten damals. In Diskotheken – wir sind überall aufgetreten – klang das dann immer so: „Und heute hier bei uns die Bröde Broders“. Kurz vor der Wende hatten wir sogar Einladungen nach Österreich und Westberlin. Dann kam 1989. Die anderen haben erstmal weiter gemacht, aber ich wollte lieber noch ein bisschen Schauspieler sein. Im DDR Fernsehen waren wir auch, sind bei „Showkolade“ und „Wenn schon, denn schon“ aufgetreten. Da gibt’s einiges …


Andreas Keller mit Pferd und Hund © Privat
Andreas Keller mit Pferd und Hund © Privat

Ich auf dem Land. Ich hatte zu Ostzeiten eine alte Hütte übernommen. Da hatte ich ein Pferd, mit dem ich ohne Sattel und Zaumzeug über die Koppel galoppieren konnte. Und viele Hunde. Der kleine hier sollte eigentlich Wolf heißen. Der war aber der letzte aus dem Wurf und wurde nicht so groß. Da hieß er dann Rolf. Inzwischen kann meine Tochter viel besser reiten als ich.


BLACK RIDER Renaissance-Theater Berlin 1998
BLACK RIDER Renaissance-Theater Berlin 1998

Wilhelm der Schreiber in „Black Rider“. Das war am Renaisscance-Theater. Wir haben ensuit gespielt, drei Monate! Dienstag bis Sonntag, Sonntag zweimal. Da stehst du auf der Bühne und denkst: „Hab ich das jetzt gestern gesagt? Oder heute?“


Andreas Keller mit Ellen Hellwig, Leipzig
Andreas Keller mit Ellen Hellwig, Leipzig

Ellen Hellwig und ich – auch so eine Geschichte. Die erste Probe mit Armin Petras, Ellen Hellwig und mir. Und Armin Petras sagt, „Los, schnapp sie dir und halt sie fest“ Und ich – noch recht energisch zu der Zeit – hab sie geschnappt und festgehalten. Auf einmal sagt Ellen: „Au! Jetzt hat’s geknackt.“ Sie hatte eine Rippe gebrochen! Das tat mir so leid! Später, als wir zusammen Hamlet gespielt haben, musste ich sie tragen und hab immer gefragt: „ Ist das zu doll? Ist das zu fest?“ Ich hatte richtige Berührungsängste. Aber sie war mir nie wirklich böse. Das war meine allererste Probe mit Armin Petras. Ellen erinnert sich sicher auch noch ganz genau …


DIE RATTEN LEIPZIG 2006 Karin Henkel
DIE RATTEN LEIPZIG 2006 Karin Henkel

In den „Ratten“ war ich Frau Knobbe. Und der Herr John. Und Herr John rauchte wie ein Schlot und Frau Knobbe rauchte auch. Das Problem war, ich war Nichtraucher. Ich musste mir das Rauchen richtig angewöhnen. Ich hab versucht, nicht zu rauchen, wenn ich keine Vorstellung hatte. Aber dann stand ich einmal auf der Bühne, als Herr John, die erste Zigarette im Mund und Heidi Ecks (als Frau John, Anm.d.R.) neben mir und ich sag nur, „Heidi“, sag ich, „warte mal kurz. Mir wird gerade so schlecht. Ich glaube, ich falle um.“ Und dann hat die Heidi gesagt: „Atme erstmal tief durch, ich sprech einfach weiter.“

Seitdem hab ich mich immer vor der Vorstellung „eingeraucht“. Und nach der Vorstellung musste ich mich wieder ausrauchen.


Das Pulverfass, Leipzig 2012
Das Pulverfass, Leipzig 2012

Das ist das Pulverfass, 2012. Mit den Kollegen Eddie Eckert und Günther Harder. Das Datum weiß ich noch ganz genau! Der 25. Oktober 2012. Das war der Tag, an dem ich Andruscha (Andreas Kellers Lebensgefährtin, Anm.d.R.) kennengelernt habe. Sie ist mit dem Regisseur, Sascha Hawemann, befreundet und war zur Premiere gekommen. Eine neue Liebe. Wie ein neues Leben. Und die hält! Hält und hält und hält.


So viele Theatergeschichten, die Auswahl fiel nicht leicht ;-). Zumindest an Die Ratten und Das Pulverfass können wir uns noch lebhaft erinnern. In schönster Erinnerung ist auch sein Oberon aus dem  Sommernachtstraum und im Ohr klingt noch immer das trotzig-resignierte „Und nu bin ich ä Bär!“ aus Sascha Hawemanns Inszenierung Die Nacht, die Lichter.

Aktuell steht Andreas als Selsdon in Der nackte Wahnsinn und als Obergruppenführer Heitler in Jeder stirbt für sich allein/Die Leipziger Meuten auf der Bühne und spielt in den beiden Jugenclub-Inszenierungen Ännie und Tschick. Er war einer der sechs Peer Gynts und ein Osvald³ in den Gespenstern und probt demnächst wieder mit Philipp Preuss für Prinz Friedrich von Homburg. (Premiere am 27. April 2019)

Wir gratulieren von Herzen und bedanken uns für Bildmaterial und Theatergeschichte(n)!


Offizielle Preisverleihung am 16. März 2019 um 21:30 Uhr auf der Hinterbühne (nach der Dernière von Sechs Personen suchen einen Autor), danach Feier in der Kantine.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert