Crystal | Theater der jungen Welt

open your eyes and see

Eine weiße Bühne, im Hintergrund wabengleich sechs Sechsecke - wie aus einer chemischen Verbindung - aus denen sich zwei Tänzer lösen, während die Schauspieler ihren Weg durch die Zuschauerreihen suchen. So beginnt Crystal, das heute Abend am Theater der jungen Welt seine Leipzig-Premiere feiert. Wir durften die Variationen über den Rausch schonmal vorab in einer Probe durchleben.

(c) Mathias Rümmler
(c) Mathias Rümmler

A place where nobody dared to go / The love that we came to know / They call it Xanadu / It takes your breath and it’ll leave you blind
Olivia Newton-John: Xanadu

Der geheime Sehnsuchtsort Xanadu gibt Richtung vor, wenn sich Regisseurin und Choreografin Heike Hennig mit drei Schauspielern und drei Tänzern – ausgehend von der Horrordroge Crystal Meth – auf eine anderthalbstündige Tour de Force durch Rausch und Ekstase, Herzrasen und Aggression, Schwerelosigkeit und Einsamkeit begibt. Ein cleverer Schachzug des TdjW, sich dieses Themenfeld zu ertanzen! Wie ließen sich Entgrenzung und Überschreitung, Höhe und Fall auch sinnlicher erfahrbar machen? Intendant Jürgen Zielinski wollte nicht mit pädagogisch erhobenem Zeigefinger auf den Drogenmissbrauch zeigen und neben allen Gefahren auch die urmenschliche, mitnichten nur negative Sehnsucht nach Rauschzuständen zeigen – und das gelingt, mit sinnfälligen und ebenso eingängigen wie beklemmenden Körperbildern.

Crystal entstand als eigene Stückentwicklung in Koproduktion mit Bayer Kultur Leverkusen, mit der das Theater der jungen Welt schon 2012 die erfolgreiche Burnout-Produktion Aus der Traum! realisiert hat. Die Uraufführung fand denn auch schon Ende Februar in Leverkusen statt. Schon während der Probenzeit suchten die Macher den Kontakt zu Heranwachsenden und arbeitete eng mit Schülern einer neunten Klasse des Leipziger Kantgymnasiums zusammen. Um die 16+ Inszenierung zu begleiten, sind nach allen Vorstellungen Publikumsgespräche und zusätzlich noch zwei Diskussionsrunden geplant.

(c) Mathias Rümmler
(c) Mathias Rümmler

Musik ist treibende Kraft in vielen Rauschzuständen und so natürlich für diesen Abend elementar. Die pulsierenden, elektronischen Sounds der Leipziger Künstlerin Cornelia Friederike Müller schaffen eigenständige, eindrucksvolle Klangbilder, die das Thema Rausch klanglich ausloten und eigene Assoziationen zulassen.
Nicht nur ob der klanglichen Nähe zwischen Crystal und Christel kommt auch gen Ende auch  Goethe noch zu Wort, hatte doch der Dichterfürst immer einen Vorrat an Laudanum im Medizinschränkchen und lässt sich sein Faust II als endloser Rauschzustand lesen. Und schließlich ist auch der Liebesrausch ein Rausch und die Entzugserscheinungen können recht schmerzhaft sein:

Hab oft einen dumpfen düstern Sinn / Ein gar so schweres Blut! / Wenn ich bei meiner Christel bin / Ist alles wieder gut.

» Crystal. Variationen über den Rausch. Premiere am 6. März im Theater der jungen Welt.
Nächste Vorstellungen am 7. / 29. und 31. März und am 1. April. Karten zu 9,- / 5,- Euro unter 486 60 16.

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