Der Sturm | Seebühne Hiddensee

stürmische herbsttage plus shakespeare auf hiddensee

Stürmische Herbststage auf Hiddensee und passend dazu – auch ein Sturm in der HiddenSeeBühne. Natürlich der von Shakespeare. Allerdings in einer Kurzfassung von einer Stunde Dauer, die für jeden, der zuvor vielleicht gar nicht wusste, dass es ein Shakespeare-Drama mit dem Titel „Der Sturm“ gibt, genießbar ist. Aber auch für den Shakespeare-Liebhaber bietet der Abend einiges.

Der Sturm - Karl Huck in der © Seebühne Hiddensee
Der Sturm – Karl Huck in der © Seebühne Hiddensee

Trotz reichlicher Kürzungen gibt es etwas Neues, nämlich eine Rahmenhandlung. Darin taucht Will Kempe auf, ein ehemaliges Mitglied von Shakespeares Schauspieltruppe, die er nach einem Streit verlassen hat. Kurz angedeutet wird auch der Grund des Streits – Kempe hat auf der Bühne zuviel improvisiert, speziell bei einer Aufführung von „Wie es euch gefällt“. Kempes Argument, daß es den Leuten ja gefallen hat, lässt Shakespeare nicht gelten, so trennen sich die beiden. Nun ist Kempe zurückkehrt, um sich zu rächen. Dabei findet er das Manuskript eines neuen Stücks – „Der Sturm“. Dass man davon ausgeht, dass Kempe schon 1603 gestorben ist, „Der Sturm“ aber erst nach 1610 entstanden sein soll – geschenkt, wer weiß schon, ob diese Jahreszahlen stimmen, schließlich weiß man doch noch nicht einmal, ob Shakespeare die Stücke wirklich geschrieben hat oder ob es ein anderer Autor gleichen Namens war. Als das spielt in der Seebühne keine Rolle, dort will man auf kleinstem Raum und mit einfachen theatralischen Mitteln das Publikum verzaubern. Und da passt dann die Geschichte mit Will Kempe wieder, denn was wir sehen, spielt sich ja eigentlich in Shakespeares Arbeitszimmer ab, in das Kempe eingedrungen ist und in dem er nun beim Lesen des Manuskripts seine Phantasie spielen lässt.

Ganz offensichtlich hat Will Kempe eine frühe und unbekannte Fassung des Stücks entdeckt, denn einige Personen aus der uns bekannten Version fehlen und auch einige Handlungsstränge sind verändert. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass die Zahl der Puppen, mit denen Karl Huck, der einzige Schauspieler des Abends, hantieren kann, begrenzt ist. Prospero, Miranda, Ferdinand, Antonio und Trinculo treten als Marionetten auf, Caliban und Ariel sind nur als Köpfe vorhanden. Zur Darstellung des Sturms, den Ariel entfesselt, um die Besatzung des Schiffes auf Prosperos Insel stranden zu lassen, stülpt sich Karl Huck alias Will Kempe ein kleines Schiff auf den Kopf. Die Handlung wird etwas eingekürzt und hie und da auch verändert. Gestrichen wurde z.B. die Figur des Gonzago, der im Original erläutern darf, wie er das Leben auf einer Insel organisieren würde, um ein wahres Utopia entstehen zu lassen. Diese Worte werden hier Prosperos Bruder Antonio in den Mund gelegt. Der hat Prospero einst gestürzt und damit gezeigt, dass er keinen utopischen Träumen nachhängt, sondern ein knallharter Machtpolitiker ist. Als er dann die Worte spricht “.., alle wären gleich…“, merkt er selbst, dass solche Überlegungen nicht zu ihm passen und schlussfolgert: „Ein dummer Gedanke!“ Eine Veränderung gibt es auch bei Ariel. Nach einem anfänglichen Aufbegehren gegen Prospero dient er diesem dann bei Shakespeare getreu bis zum Schluss. Hier lässt er sich mit Caliban ein, der Prospero vernichten will. Allerdings bleiben – wie bei Shakespeare – Calibans Ränke folgenlos. Er und Ariel bleiben am Ende als Inselbewohner zurück, während alle Marionetten an ein Gestell gehängt werden, das sich Will Kempe über die Schultern hängt und mit dem erneuten Aufsetzen des Schiffs auf sein Haupt die Rückkehr der Figuren nach Italien symbolisiert. War das alles vielleicht nur Will Kempes Traum? Shakespeares berühmte Worte „Wir sind aus solchem Stoff wie Träume sind…“ beschließen den Abend, das Publikum in der ausverkauften Seebühne dankt mit viel Beifall.

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