Sindbad, der Seefahrer | Seebühne Hiddensee

vom schuhputzer zum seefahrer – inklusive frischer ostseebrise

Er gehört schon fast dazu: der Besuch in der Seebühne beim Urlaub auf Hiddensee. Auch unter Corona-Bedingungen wird gespielt, wenn auch mit reduzierter Zuschauerzahl und offenen Türen wegen der Lüftung. Diesmal bringt Karl Huck ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht auf die Bühne: Sindbad der Seefahrer.

Seebühne Hiddensee "Sindbad der Seefahrer" © Lutz Grünke
Seebühne Hiddensee „Sindbad der Seefahrer“ © Lutz Grünke

Auf der Bühne steht ein seltsames, goldglänzendes Gebilde, das im Laufe des Abends verschiedene Funktionen haben wird. Zunächst begegnet uns Sindbad der Schuhputzer und das geheimnisvolle Teil entpuppt sich als simples Regal des Schuhputzers. Der arbeitet nicht Schuhkrem oder Lederfett, sondern kann für jeden Schuhtyp eine ganz besondere Mixtur anbieten: Fett der Wanderratte, Tränen vom Krokodil, Blut der Feuerwanze oder auch Bernsteinpulver für den goldenen Pantoffel der Prinzessin werden aufgezählt. Und natürlich kann ein erfahrener Schuhputzer anhand des Schuhs seinen Träger identifizieren: z.B. wird der Schuh mit sportlichem Schnitt, aber strengem Geruch vom Politiker ohne Zukunft getragen.

Und wo geht der Schuhputzer seinem Geschäft nach: natürlich auf dem Basar von Bagdad. All die kleinen Dinge, die sich auf dem Regal befinden, werden unter Hucks Händen plötzlich zu den Menschen, die den Basar bevölkern, und er allein erzeugt auch das Stimmengewirr, das auf einem solchen Basar herrscht. Da wird grusinischer Tee angeboten, aber auch Aladins Wunderlampe und aus einem von Motten zerfressenen Stoff wird eine Lochstickerei. Man hört die Weissagung eines Wahrsagers: Alle Ungläubigen werden verschleiert gehen. Das zustimmende Lächeln der meisten Zuschauer kann man unter den Atemschutzmasken, die auch während der Vorstellung getragen werden, leider nicht sehen.

Nun taucht auch Sindbad der Seefahrer auf, genauer gesagt sein Schiff – eine kleines Modell, das in Hucks Händen den Raum durchmißt und von Bagdad über Basra nach Masira fährt. Sindbad ist auf Handelsfahrt, da werden Geschäfte mit Affen und Kokosnüssen getätigt oder auch mit Ebenholz und Elfenbein. Immer wieder ist der Text voll feiner Ironie, wenn z.B. die Gewürze von Rattenkötteln verschmutzt sind, so werden die eben als Kreuzkümmel verkauft, und verdorbene Früchte werden als fermentiert verkauft. Doch es bleibt nicht bei diesen Handelsfahrten, Sindbad und seine Gefährten geraten ins Meer der Finsternis und hier wird Shakespeares Sturm zitiert: Die Hölle ist leer, alle Teufel sind auf See. Dann überschlagen sich die Ereignisse: Sindbads Schiff strandet, der Held wandert durch die Wüste, trifft auf eine Prinzessin, die er zum Lachen bringen muß, er muß die Frage beantworten, wo die Seele wohnt (die Antwort lautet: in den Füßen), schließlich entführt ein riesiger Vogel den Seefahrer. Dann kommt auch das Schuhputzregal noch einmal zum Einsatz, wird zu Sindbads neuem Schiff und nach weiteren Abenteuern landet Sindbad schließlich wieder in Bagdad.

Karl Huck gelingt es, diese lange Geschichte in einer Stunde zu erzählen, viele Motive des Märchens klingen nur kurz an. Die vielfältigsten Mittel des Figurentheaters kommen zum Einsatz, um das Publikum zu verzaubern. Am Ende fröstelt man zwar wegen der offenen Türen, aber der Weg in die Seebühne hat sich wieder gelohnt.

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