jessica and me | euro-scene 2019

nachklapp | cristiana morganti auf der schauspielbühne

Die 29. Ausgabe der euro-scene bot wie gewohnt eine interessante Mischung von Gastspielen aus verschiedenen europäischen Ländern im Bereich Tanz und modernes Theater. Einer der Höhepunkte aus meiner Sicht war dabei das Gastspiel der italienischen Tänzerin Cristiana Morganti.

Cristiana Morganti © euro-scene
Cristiana Morganti © euro-scene.de

Sie hat über viele Jahre im Wuppertaler Tanztheater von Pina Bausch gearbeitet. Im Rahmen der euro-scene stellte sie sich mit dem Solo-Abend „Jessica and me“ dem Leipziger Publikum vor.

Doch es ist keineswegs ein reiner Tanzabend, den man erleben kann. Eine Frau betritt die Bühne und beginnt sowohl zu tanzen, als auch zu sprechen. Zunächst glaubt man, eine Art Regieanweisung zu hören, aber es ist die innere Stimme der Tänzerin, die mit viel Humor ausspricht, was einer Tänzerin auf der Bühne wohl durch den Kopf gehen mag. Dann wird aus dem inneren Monolog ein Dialog, wenn auch nur ein gespielter. Wir hören von einem Kassettenrekorder (ja, solche Geräte gibt es noch) die Fragen eines Interviews, gestellt von einer fiktiven Jessica, die dem Abend den Namen gegeben hat.

Cristiana Morganti gibt zögernd Antworten, die sich zunächst recht allgemein mit der Psyche der Bühnenkünstlerin beschäftigen, schließlich aber auch ganz konkret auf das Wuppertaler Tanztheater zu sprechen kommen, auf die Rolle, die Pina Bausch für Morganti spielte. So wird der Abend zu einer ausgewogenen Mischung aus Tanz- und Sprechtheater, der vor allem eines ist: ein Einblick in das Leben der Künstlerin Cristiana Morganti.

Ganz problemlos füllt sie allein die Bühne des Schauspielhauses, ab und an auch unter Nutzung technischer Tricks, wenn sie z.B. im weißen Kleid auf der Bühne steht und dieses scheinbar in Flammen aufgeht. Natürlich spielen die Jahre bei Pina Bausch eine Rolle, aber Crisiana Morganti führt uns in den Geschichten, die sie erzählt, zurück bis in ihre Kindheit, bis in ihre Zeit an der Ballettschule, berichtet von Eifersüchteleien unter den Schülerinnen, von den Problemen der heranwachsenden Mädchen. Man erfährt etwas über die Muskeln, die man sich als Tänzerin möglichst nicht verletzen sollte, oder über das Lächeln, das man auf dem Gesicht haben sollte, auch wenn man gar nicht in der Stimmung dazu ist.

Wunderbar leicht wirkt manche Szene beim ersten Hinschauen, oft ist man belustigt über die Selbstironie, mit der die Künstlerin von sich berichtet, und doch ist es ein Abend, der viel darüber erzählt, dass Kunst auch Anstrengung und harte Arbeit ist, dass diese nur gelingt, wenn die Künstlerin immer wieder höchste Ansprüche an sich selbst stellt. Ein bezaubernder Abend voller Poesie, Humor und Melancholie, der beim euroscene-Publikum begeisterte Aufnahme und viel Beifall findet.

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